Durch die höchst prekäre finanzielle Lage mit 200 Gulden Jahreseinkommen für das Familienoberhaupt Rubin Simche Goldmark und die angespannte familiäre Situation mit (nachweisbar) zumindest 16 Kindern im Hause Goldmark - selbst Carl wusste die genaue Anzahl seiner Geschwister nicht, er sprach von über 20 - ist es nur allzu gut verständlich, dass Kinder ihr Elternhaus verließen. Viele junge Männer und Frauen suchten ihr Glück in Übersee, zumeist Nordamerika. Wie damals bereits gang und gäbe, erfolgte die Überfahrt aus Deutschland bzw. Ostmitteleuropa über die großen Auswandererhäfen Hamburg, Bremen und Bremenhaven, teils auch noch über niederländische und italienische Häfen.
Vier Geschwister Carl Goldmarks und ein Großneffe emigrierten nach Amerika und brachten es dort zu großem gesellschaftlichen Ansehen und beachtlichem Wohlstand.
Dr. Joseph Goldmark (1819-1881)
Carl Goldmarks älterer Halbbruder Joseph studierte Medizin in Wien, seine große Leidenschaft galt aber immer der Chemie. Er war maßgeblich an der Erforschung des amorphen roten Phosphors beteiligt, obgleich dessen Entdeckeckung schließlich Anton Schrötter von Kristelli zugeschrieben wurde.
Während der Zeit als Medizinstudent und Sekundararzt (Turnusarzt) am Allgemeinen Krankenhaus in Wien Mitte der 1840er-Jahre kümmerte sich Joseph sehr väterlich um seinen erst 14-jährigen Bruder Carl, der zu ihm nach Wien zog, um am Konservatorium Violine zu studieren. Joseph wollte Carl stets dazu überreden, am Polytechnikum (heute Technische Universität) zu studieren, um einen ordentlichen Brotberuf ergreifen zu können - bekanntlich erfolglos.
Als Reichstagsabgeordneter war Joseph Goldmark in den Revolutonsjahren 1848/49 an vordester Front auf den Barrikaden, um gegen das Metternich'sche System und für eine Verfassung zu kämpfen. Nach der Niederschlagung durch die kaiserlichen Truppen wurde Dr. Joseph Goldmark mit anderen revolutionären Akteuren der Ermordung des Kriegsministers Graf Theodor Baillet de Latour beschuldigt und zum Tod verurteilt. Er musste fliehen und Wien verlassen, denn er wurde steckbrieflich verfolgt. Nach einigen Monaten Aufenthalt in verschiedenen europäischen Städten trat Dr. Joseph Goldmark am 17. August 1850 seine 40-tägige Überfahrt nach New York an. Jahre später wurde seine Unschuld anerkannt und seine volle Rehabilitation ausgesprochen.
Dr. Joseph Goldmark, mit schneeweißem Haar, wie ihn sein Bruder Carl 1868 am Bahnhof in Wien empfangen hat zur Wiederaufnahme seines Prozesses - nicht mehr wiederzuerkennen nach zwanzigjähriger Abwesenheit und "Funkstille".
In Brooklyn, damals eine eigenständige Stadt, heute Stadtteil von New York City, baute Joseph Goldmark eine Zündhütchen- und Patronenfabrik auf. Das technische und chemische Know-how hiefür hatte er aus Wien mitgebracht. Joseph Goldmark war Gründungsmitglied der American Chemical Society in New York.
Trotz einiger Rückschläge - seine Fabriken wurden zweimal durch heftige Explosionen zum Teil erheblich zerstört - verdiente er während des Sezessionskriegs (Amerikanischen Bürgerkriegs) von 1861-1865 ein Millionenvermögen.
Zündhütchen der Firma J. Goldmark
Patronenschachtel, made by J. Goldmark, New York
Zündhütchendose J. Goldmark
Heiratsanzeige und Einladung zur Hochzeit der Tochter Alice Goldmark mit Louis D. Brandeis (New York, 23. März 1891)
Joseph Goldmarks Grabstein am Green-Wood Cemetery in Brooklyn, NYC
Henry Goldmark (1857-1941)
Henry war das älteste von insgesamt 11 Kindern Joseph Goldmarks. Er studierte an den Technischen Universitäten in New York City und Hannover sowie an der Harvard University in Cambridge.
Henry Goldmark war einer der ersten, der Stahlkonstruktionen im Brückenbau verwendete. Außerdem entwickelte und konstruierte er die Schleusentore des Panamakanals (1911).
Auf tragische Weise verstarb er am 15. Jänner 1941, nachdem er von einem Auto angefahren worden war.
Alice Goldmark (1866-1945), eine Schwester von Henry, verheiratet mit Louis D. Brandeis, dem ersten jüdischen Höchstrichter am Supreme Court. Sie übersetzte die "Erinnerungen" ihres Onkels Carl Goldmark ins Englische.
Helen Goldmark (1859-1948), nach Henry geborene, älteste Tochter von Joseph Goldmark, war mit dem Philosophen Felix Adler verheiratet.
Josephine Goldmark (1877-1950), jüngste Schwester von Henry, Rechtsanwältin, schrieb zahlreiche Bücher, u. a. "Pilgrims of '48: One Man's Part in the Austrian Revolution 1848, and a Family Migration to America". Sie blieb unverheiratet.
Dr. Leo Goldmark (1839-1927)
Carls jüngerer Bruder Leopold Moses (Leo), geboren in Deutschkreutz, war zunächst Kantor und Lehrer der Kultusgemeinde in Goltsch-Jenikau (Böhmen), wo er 1866 durch die Schlacht bei Königgrätz in seiner unmittelbaren Nähe die Kriegswirren miterlebte und von seinem Vater Rubin Goldmark stets aufgefordert wurde, die Gegend zu verlassen (ausführlicher Briefverkehr). Schließlich wendete er sich an seinen Bruder Joseph in New York und emigrierte im Jahr 1866. Leo arbeitete anfangs in der Fabrik seines Bruders und war bald danach in New York als Rechtsanwalt tätig und im Musikleben der Stadt sehr einflussreich. Leo war Gründungsmitglied der Oratorio Society of New York sowie der New York Symphony Society. Zusammen mit Heinrich Conried (eig. Cohn) holte er mit seiner Agentur "Goldmark & Conried" viele deutsche Künstler und Bühnenwerke nach Amerika. So managte er u. a. den Pianisten Hans von Bülow, brachte Stücke seines Bruders Carl nach New York, desweiteren von Franz v. Suppé etc.
Leos ältester von 3 Söhnen war Rubin Goldmark, und seine Ururenkelin Jean F. Rosston (geb. 1955) war bereits des öfteren in Deutschkreutz bei den Goldmark-Pfingstkonzerten sowie im Goldmarkmuseum, dem Geburtsort ihres Ururgroßvaters. Sie lebt in der Schweiz und arbeitete bis 2020 als Restauratorin am Kunsthaus Zürich.
Johann Hofer und Jean F. Rosston
vor dem überdimensionalen Strauss-Gemälde im Goldmarkmuseum Deutschkreutz, 9. Juni 2014
Rubin Goldmark (1872-1936)
Er war der älteste Sohn von Dr. Leo Goldmark. Geboren in New York, ging er als 17-jähriger für zwei Jahre nach Wien zu seinem Onkel Carl und studierte dort am Konservatorium Komposition bei Johann Nepomuk Fuchs und Robert Fuchs sowie Klavier bei Anton Door.
Nach seiner Rückkehr nach New York wurde Rubin Goldmark Schüler von Antonin Dvorak. 1924 erhielt er die Berufung zum Professor für Komposition an der Juilliard School in New York. Zu seinen Schülern zählten etwa Aaron Copland und George Gershwin.
Auch als Komponist konnte sich Rubin Goldmark an einem hervorragenden internationalen Ruf erfreuen.
Adolph Goldmark (1850-1915)
Hier rechts im Bild neben seinem Bruder Carl. Adolph wurde in Deutschkreutz geboren, auch er emigrierte nach Amerika, wo er vorerst in der Familie seines Bruders Joseph herzliche Aufnahme fand (besonders durch die vielen Kinder im Hause). Die ersten Dollars verdiente er sich in der Patronen- und Zündhütchenfabrik, bis er schließlich selbständiger Unternehmer wurde und über Jahrzehnte hinweg mit seinen Söhnen ein florierendes Handelsunternehmen aufbaute. Seine Firma spezialisierte sich auf Import / Export, vor allem europäischer Nahrungsmittelprodukte (beispielsweise verschiedene Marmeladensorten).
Dr. Peter Carl Goldmark (1906-1977)
war der Enkelsohn von Ignatz Goldmark, dem jüngsten Bruder Carls und ist in Budapest geboren. Seine Studien schloss er in Wien ab und ging danach nach England, bevor er 1933 in die USA übersiedelte, wo er bei Columbia Records (CBS) als Chefingenieur arbeitete. In dieser Funktion und Tätigkeit entwickelte er die erste Langspielplatte und den Farbfernseher. Vom Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika, Jimmy Carter, erhielt er im Weißen Haus die National Medal of Science für herausragende wissenschaftliche Leistungen. Peter C. Goldmark verstarb infolge eines Autounfalls im Alter von 71 Jahren. Seine Nachkommen leben noch, sein Sohn Peter Carl jr., Journalist (u. a. bei der International Herald Tribune) und Verleger, war jahrelang Präsident der Rockefeller Foundation.
Dr. Peter Carl Goldmark
Peter C. Goldmark mit ersten Versuchen an einem Farbfernseher-Innenleben
Die ersten Langspielplatten, für deren Entwicklung Peter C. Goldmark verantwortlich zeichnet
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